Heute vor 50 Jahren: Das Gesetz über die Organisation der Universitäten Oldenburg und Osnabrück tritt in Kraft

Heute vor 50 Jahren – am 5. Dezember 1973 – trat das Gesetz über die Organisation der Universitäten Oldenburg und Osnabrück in Kraft.[1] Wendelin Zimmer, langjähriger Redakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) und Autor des 1999 erschienen Jubiläumsbandes „Turbulente Zeiten“ dazu:

Nimmt man’s genau, ist dieser 5. Dezember der Geburtstag, ein ungeliebter allerdings, ein unechter, weil mit diesem Tag eigentlich nur die Abteilungen Osnabrück und Vechta der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen ‘aufgelöst’ (so heißt es im Gesetz) und in die Universität ‘eingegliedert’ sind, ihren bisherigen Betrieb vorläufig lediglich unter neuem Namen fortsetzen; universitär ist das kaum zu nennen.[2]

Zimmer hatte nicht ganz unrecht. Möchte man ein Datum für den Geburtstag der Institution „Universität Osnabrück“ identifizieren, dann ist der 5. Dezember 1973 der heißeste Kandidat. Und die im Gesetz ebenfalls bedachte Universität Oldenburg hat den Auftakt zum Jubiläumsjahr eben genau an diesem Tag festgemacht.

Tatsächlich lässt sich die Gründung der Universität Osnabrück, wie die vieler anderer moderner Universitäten, bei genauer Betrachtung aber nicht nur auf einen bestimmten Tag zurückführen, abhängig von der Sichtweise, die man einnimmt. Das ist übrigens auch bei anderen historischen Ereignissen so, wo es manchmal sogar an konkreten Daten fehlt, aber eben auch deswegen, weil Gründungen dynamische Prozesse sind, weil sie vor- und nachbereitet werden müssen und weil sie aufgrund der Komplexität wahrscheinlich auch selten idealtypisch verlaufen.

Man würde meinen, dass die Universität zunächst fertig geplant und aufgebaut wurde und dass man sie dann mit Pauken und Trompeten, vielen Reden und einem großen Feuerwerk eröffnete. Dem ist nicht so: Es gab keine festliche, von der ganzen Region gefeierte Eröffnung. Die Gründung der Universität Osnabrück war vielmehr ein Prozess, der sich über mehrere Jahre, geradezu schleichend hinzog, der immer wieder durch innere und äußere Umstände verzögert wurde und der alles andere als pompös war. Oder mit den Worten von Wendelin Zimmer:

Mißmutig verfolgt die Öffentlichkeit diese Wechselbäder, und wen wundert’s, daß sie kaum Notiz davon nimmt, wie bescheiden der Auftakt im Sommer 1974 dann wirklich ausfällt.[3]

Neben dem 5. Dezember 1973 lassen sich noch andere wichtige Etappenschritte und damit potentielle “Geburtstage” im Rahmen der Gründung erkennen.

Nachdem sich in den 1960er Jahren die Idee einer Universitätsgründung immer stärker manifestiert hatte, erschien 1970 eine Denkschrift des Kultusministeriums zur Gründung der Universitäten Oldenburg und Osnabrück.[4] Das es soweit überhaupt kam, ist keine Selbstverständlichkeit, denn beide Universitäten konkurrierten lange Zeit miteinander – man rechnete damit, dass sich nur ein Standort in Westniedersachsen durchsetzen würde und Oldenburg war da lange in der “Pole-Position”. Das Bekenntnis zur Doppelgründung war demnach ein unerwarteter und gleichzeitig mutiger, vielleicht sogar (aus Sicht des niedersächsischen Finanzministeriums) waghalsiger Schritt.

Am 25. August 1970 wurde die Errichtung der beiden Universitäten formell beschlossen. Die erste offizielle Weiche war damit gestellt. Am 1. März 1971 erschien der Erlass zur „Durchführung der Gründung“. Es begannen nun die konkreten Planungen zum Aufbau der Universität durch einen Gründungsausschuss, der sich u.a. anderen bereits um die Berufungsverfahren kümmerte. Das am 5. Dezember 1973 in Kraft getretene Gesetz brachte dann eine gewisse Sicherheit in den schwierigen Gründungsprozess, denn alles vorangegangene wäre leicht reversibel gewesen. Die Universität war aber auch jetzt noch lange nicht fertig geplant: Viele wichtige Entscheidungen wurden erst in den Folgejahren getroffen.[5]

Dass bereits aus zeitgenössischer Sicht die Gründung als Prozess gesehen wurde, kann man einer Antwort entnehmen, die 1976 an den Bayerischen Schulbuch-Verlag ging. Von Seiten des Verlages wurde die Universitätsverwaltung angefragt, „welches Jahr (1970? 1974?) Sie als Gründungsdatum Ihrer Universität ansehe[n].“ Die Antwort beinhaltete nicht ein Datum, sondern im Wesentlichen die oben genannten Etappenschritte 1970, 1973 – und: 1974. Letzteres Jahr verweist auf die Aufnahme des Lehrbetriebs. Denn der Lehrbetrieb der neuen Universität – und damit das echte Universitätsleben – startete mit dem Sommersemester 1974, dessen 25jähriges Jubiläum in Osnabrück 1999 gefeiert wurde und dessen 50jähriges Jubiläum im Jahr 2024 gefeiert werden wird. Übrigens – es verwundert vermutlich nicht – auch im Sommersemester 1974 war noch nicht alles bis zu Ende gedacht, sowohl was die bauliche Ausstattung aber auch die Studieninhalte betraf. Der Auftakt für eine aus heutiger Sicht bemerkenswerte Entwicklung war aber geschafft.

Das Universitäts- und Hochschularchiv freut sich darüber, den Gründungsprozess der Universität, aber auch viele Entwicklungen der vergangenen fünzig Jahre hier im Blog und auch an anderer Stelle im kommenden Jahr begleiten zu dürfen.


[1] Abgedruckt u.a. im ersten Personal- und Veranstaltungsverzeichnis zum Sommersemester 1974

[2] Wendelin Zimmer, Turbulente Zeiten. Ein Lesebuch zur Geschichte der Universität Osnabrück, Bramsche 1999, S. 45.

[3] Ebenda.

[4] Denkschrift zur Gründung der Universitäten Oldenburg und Osnabrück, hg. von dem Niedersächsischen Kultusminister, Hannover 1970.

[5] Dazu u.a. Thorsten Unger, Pädagogische Hochschule? Integrierte Gesamthochschule? Universität! Osnabrück wird Universitätsstadt, in: Reiner Wolf / Heiko Schulze (Hg.), Aufbruch & Krise. Osnabrück in den 70er Jahren, S. 29-39, hier: S. 30-33.


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Thorsten Unger (5. Dezember 2023). Heute vor 50 Jahren: Das Gesetz über die Organisation der Universitäten Oldenburg und Osnabrück tritt in Kraft. Osnabrücker Geschichtsblog. Abgerufen am 9. November 2025 von https://doi.org/10.58079/priw


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